Stephan Sander
Rechtsanwalt für
internationales Familienrecht
Berlin Steglitz-Zehlendorf
Die ständig wachsende Anzahl internationaler Ehen - allein in Deutschland findet jede 8. Ehe zwischen einem Deutschen und einem Ausländer statt - führt dazu, dass vermehrt Fragen auftreten, welche die Anwendbarkeit ausländischen Rechts betreffen. Gerade in familienrechtlichen Angelegenheiten mit ausländischen Beteiligten besteht in der Regel erhöhter Aufklärungsbedarf.
Angefangen mit der Frage, welche Unterlagen für eine Eheschließung im Inland zwischen einem gemischtnationalen Paar erforderlich sind (u.a. Personalausweis, Ehefähigkeitszeugnis des ausländischen Partners), enden viele Ehen mit einer Scheidung, in deren Zusammenhang meist Fragen rund um die mit der Ehescheidung verbundenen Folgen zu klären sind:
Eine Auslandsberührung liegt offensichtlich auf der Hand, wenn die Ehepartner unterschiedliche Staatsangehörigkeiten besitzen, beispielsweise bei einer Eheschließung zwischen einer deutschen und einem französischen Staatsangehörigen. Oftmals kann die Tatsache der Auslandsberührung aber für Überraschungen sorgen, die meist nicht den gängigen Vorstellungen entsprechen. So kann auch in Deutschland ausländisches Recht zur Anwendung kommen. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn bei Eheleuten mit US-amerikanischer Staatsangehörigkeit, welche vormals in den Vereinigten Staaten von Amerika lebten, ein Ehegatte der nunmehr seit wenigen Monaten in Deutschland lebt, im Inland die Scheidung beantragt.
Es bestehen mittlerweile eine Vielzahl von einschlägigen internationalen Vorschriften zur Bestimmung des anwendbaren Rechtes in Scheidungsfällen. Auch gibt es diverse Bemühungen zur Vereinheitlichung des anwendbaren Rechts für die mit der Scheidung verbundenen Folgesachen (Unterhalt, Sorgerecht, Zugewinnausgleich, etc.). So bestimmt mittlerweile die in Deutschland anwendbaren EU Verordnung Rom III das auf das Scheidungsverfahren anwendbare materielle Recht. Vorsicht ist jedoch geboten, da sich aus der Rom III Verordnung keine sogenannte Annexzuständigkeit ergibt. Dies bedeutet, dass ein deutsches Gericht zwar möglicherweise ausländisches Recht für das Scheidungsverfahren anwendet, die zu regelnden güterrechtlichen bzw. unterhaltsrechtlichen Fragen sich jedoch auch in diesem Fall nach deutschem Recht beurteilen.
Entgegen landläufiger Meinung, können sich Eheleute nicht nur in dem Land scheiden lassen kann, in welchem sie auch geheiratet haben. Die deutschen Gerichte können auch dann für die Scheidung einer Ehe zwischen ausländischen Ehepartnern zuständig sein, wenn die Eheleute im Ausland geheiratet haben. Haben beispielsweise französische Eheleute in Paris geheiratet, leben aber seit ihrer Heirat in Deutschland, so sind die deutschen Gerichte unabhängig vom Ort der Eheschließung in Paris für die Ehescheidung zuständig. Die Bestimmung der Zuständigkeit für den vorgenannten Fall folgt aus der Verordnung der Europäischen Kommission Nr. 2201/2003 (Brüssel IIa). Danach ist vorrangig auf den gewöhnlichen Aufenthalt der Eheleute abzustellen.
Grundsätzlich gilt, dass die Geltung des Rechts territorial beschränkt ist, so dass ausländische Gerichtsentscheidungen jenseits ihrer Landesgrenzen grundsätzlich keine Wirkung entfalten. Die Auflösung des Ehebandes ist somit zunächst nur in dem Staat wirksam, in welchem sie erfolgt ist. Wollen also beispielsweise Eheleute deutsch / italienischer Staatsangehörigkeit, die in Italien wirksam geschieden wurden, auch in Deutschland als geschieden gelten, muss eine Anerkennung dieser Scheidung in Deutschland stattfinden.
Im Zuge der Europäisierung ist für die Anerkennung ausländischer Urteile -sofern sie in einen Mitgliedsstaat der Europäischen Union (mit Ausnahme von Dänemark) ergangen sind - das Durchlaufen eines komplizierten Anerkennungsverfahrens obsolet geworden. So werden grundsätzlich die in einem Mitgliedsstaat ergangenen Entscheidungen in den anderen Mitgliedsstaaten anerkannt, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf. Ausreichend ist, dass die Partei die eine Anerkennung der Scheidung erreichen will, eine Ausfertigung des Scheidungsurteils, sowie eine Bescheinigung des Scheidungsgerichts, welches Angaben zu den Personalien der Eheleute und Einzelheiten betreffend das Scheidungsurteil enthält, bei der zuständigen Behörde vorlegt.
In bestimmten gesetzlich geregelten Fällen kann die Anerkennung eines ausländischen Scheidungsurteils jedoch untersagt werden, beispielsweise dann wenn sie mit grundlegenden inländischen Wertvorstellungen oder Grundsätzen -mit der “öffentlichen Ordnung” (ordre public)- nicht übereinstimmt. So würde eine islamische Privatscheidung durch dreimaliges Aussprechen der Scheidungsformel durch den Ehemann (talaq) als Verstoß gegen die üffentliche Ordnung angesehen werden und einer Anerkennung der Scheidung in Deutschland entgegenstehen.
Etwas aufwendiger gestaltet sich die Anerkennung von Urteilen, welche in einem außereuropäischen Staat oder in Dänemark ergangen sind. Vorrangig sind hier multilaterale Übereinkommen betreffend die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen zu beachten, beispielsweise das Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet des Unterhaltspflicht gegenüber Kindern.
Sofern keine multilateralen Staatsverträge zur Anwendung gelangen, muss ein besonderes Anerkennungsverfahren durchlaufen werden. Für die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung in Deutschland ist erforderlich, dass die Landesjustizverwaltung festgestellt hat, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung vorliegen. Zuständig ist die Justizverwaltung des Landes, in dem ein Ehegatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Hat keiner der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, ist die Justizverwaltung des Landes zuständig, in dem eine neue Ehe geschlossen werden soll. Wenn eine andere Zuständigkeit nicht gegeben ist, ist die Justizverwaltung des Landes Berlin zuständig. Die Kosten für die Anerkennung einer außereuropäischen Entscheidung bestimmen sich nach dem Gebührenverzeichnis der Justizverwaltungskostenordnung.